Porträt von Stephanie Kirsche in der NASCH in Leipzig. Foto: André Kempner

Was macht eigentlich eine Praxisberaterin?

Praxisberaterin Stephanie Kirsche schärft die Sinne ihrer Schüler, gibt Einblicke in die Berufswelt und hilft ihnen dabei, ihre Berufswünsche zu finden. Hier erzählt sie, wie das Projekt „Praxisberater an Schulen“ funktioniert.

Leipzig. „Wenn ich groß bin, dann werde ich…“ – vom Kindergarten bis zum Schulabschluss ändert sich der Berufswunsch viele Male. Nicht immer sind die Vorstellungen realistisch, nicht immer stimmen sie mit den Stärken des Einzelnen überein. Das Projekt „Praxisberater an Schulen“ soll Wunsch und Wirklichkeit näher zusammenbringen.

Fundament legen für die Berufsberatung

Und zwar frühzeitig. Schon in Klasse 7 und 8 helfen die Praxisberater dabei, den Blick für die eigenen Stärken zu schärfen, sie sinnvoll weiterzuentwickeln und in die Berufswahl einzubringen. Sie bereiten ein gutes Fundament für die Berufsberater, die in Klasse 9 und 10 übernehmen und ganz konkret an Ausbildungsmöglichkeiten arbeiten.

Stephanie Kirsche ist Praxisberaterin an der Nachbarschaftsschule in Leipzig, beschäftigt ist sie über das Zentrum für Aus- und Weiterbildung (ZAW Leipzig). „Unser Ziel ist es, die Berufswahlkompetenz der Schüler zu stärken und ihnen Einblicke in Berufswelt zu ermöglichen“, erklärt sie. Sicher, schon vor dem Projekt hat es auch an der Nachbarschaftsschule Angebote zur Berufsorientierung gegeben. Durch die Praxisberater konnte dieses verdichtet werden. „Wir unterstützen, wo die Lehrer die Kapazität nicht haben.“

Potenziale aufdecken

Gleichzeitig gehe man mit dem Projekt besser auf den einzelnen Schüler ein. So ist das Erstellen einer individuellen Potenzialanalyse eine Kernaufgabe. Einen ganzen Tag arbeiten die Kinder dafür in Vierergruppen an verschiedenen Aufgaben. „Da geht es mal nicht darum, was sie nicht können, sondern was sie können. Und zwar außerhalb vom schulischen Notenkontext“, betont Kirsche. Dort werde selten zurückgemeldet, ob man im Team arbeiten kann, sich gut organisiert, strukturiert vorgeht, Probleme lösen kann oder ausgeprägte kommunikative Kompetenzen besitzt.

Im Anschluss findet eine Auswertung im Vier-Augen-Gespräch statt. Auch die Eltern werden in den Prozess eingebunden: „Wir führen Entwicklungsplangespräche mit Eltern und Schülern und definieren Ziele und Hilfen, wie die Schüler dabei unterstützt werden können. Wo können Lehrer, Freunde, Eltern, Praxisberater zur Seite stehen?“

Realitätscheck

Stephanie Kirsche nimmt ihre Schüler ernst. „Ich rede ihnen nicht rein. Momentan wollen beispielsweise alle Ärzte werden.“ Lieber organisiert sie Betriebserkundungen ins Krankenhaus. „Da merken sie relativ schnell, ob es passt.“ Sie nennt das Realitätscheck. Außerdem geht sie mit ihren Schülern auf Messen, macht Workshops zum Thema Praktikumsbewerbung oder übt den ersten Anruf beim Unternehmen. Die Teilnahme am Projekt ist freiwillig, Eltern müssen zustimmen, ob ihre Kinder mitmachen dürfen. „Anfangs gab es Skepsis, da lag die Teilnahmequote bei 80 Prozent. Jetzt, gut drei Jahre später, liegt sie bei fast 100 Prozent“, freut sie sich über die breite Akzeptanz.

Unterstützung von ganz oben

Das Projekt „Praxisberater an Schulen“ startete im Schuljahr 2013/2014, finanziert aus Mitteln des Freistaates Sachsen sowie der Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion Sachsen (RD Sachsen). In der Pilotphase waren 50 Oberschulen beteiligt. Ab 2016/2017 sind auch Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds (ESF) zur Verfügung gestellt worden. Das ermöglichte die Ausweitung des Projektes auf 148 Schulen (Stand: 2018/2019). Mittlerweile ist das Projekt auf 253 teilnehmende Schulen mit 281 Praxisberatern angewachsen.

In der Region Leipzig (Stadt Leipzig, Landkreis Leipzig und Landkreis Nordsachsen) sind aktuell 47 Praxisberater an 42 Oberschulen aktiv. Beschäftigt sind sie vorrangig bei privatwirtschaftlichen Bildungsträgern. Die fachliche und inhaltliche Koordination des Gesamtprojektes verantwortet das Institut für regionale Innovation und Sozialforschung e.V. (IRIS).

Von Uta Zangemeister, Leipziger Volkszeitung

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