Foto: BO-Modul „DEIN ERSTER TAG“ an der Sophienschule Colditz (Archiv)

Digitaler Berufsorientierungsworkshop

Conny Schicketanz
Sophienoberschule Colditz
Bildungs- und Sozialwerk Muldental e. V. Colditz

Unser Tag mit „DEIN ERSTER TAG“

Eher durch Zufall bin ich schon vor mehreren Jahren auf die Berufsorientierungsangebote von „DEIN ERSTER TAG“ gestoßen. Hierbei handelt es sich um ein Programm des Berliner Sozialunternehmens Studio2B GmbH. Deren Motto lautet „Berufe können wir nur verstehen, wenn wir sie erlebt haben“. Dieses Credo, so meine ganz persönliche Überzeugung, gilt ebenso für Schüler:innen und kennzeichnet das Selbstverständnis, mit dem ich als Praxisberaterin tagtäglich an meine Arbeit herangehe.

Nun handelt es sich bei „DEIN ERSTER TAG“ aber nicht um ein Angebot, bei dem wir mit Schüler:innen in Unternehmen gehen, um dort hautnah Berufe und Berufsfelder kennenzulernen, sondern um ein Format, welches bevorzugt die Möglichkeiten von „virtual reality“ nutzt. In den zurückliegenden Jahren, bis einschließlich 2020, nutzten wir an unserer Schule die durch Studio2B geschaffenen Möglichkeiten von Betriebsbesichtigungen via VR-Brillen. Die hierbei angebotene Palette, sowohl was Betriebe als auch Ausbildungsberufe anbelangt, ist wirklich beeindruckend: mehr als 120 Berufe umfasst die VR-Brillen-Videothek, die im Rahmen entsprechender Kurse und Workshops genutzt werden kann. Auch ich habe schon einmal die Chance ergriffen, mir mittels VR-Brille einen Betrieb anzuschauen und war sehr beeindruckt, wie authentisch das Gefühl ist, eben nicht im eigentlichen Klassenraum zu stehen, sondern einen Betrieb fernab davon zu besichtigen.

Nicht zuletzt vor dem Hintergrund der bisherigen Erfahrungen, aber auch in Anbetracht der aktuell beschränkten Möglichkeiten, insofern Schüler:innen vorrangig im Homeschooling verharren müssen, hatte ich für März 2021 ein weiteres Angebot bei Studio2B gebucht. Es handelte sich um den „Digitalen Berufsorientierungsworkshop mit DEIN ERSTER TAG“. Diese BO-Einheit ist über die Programmhomepage und eine dort integrierte Kalenderfunktion buchbar. Da der Kurs allerdings sehr gefragt scheint, war es notwendig, mindestens zwei Wochen im Voraus zu buchen. Die Anmeldung habe ich als Praxisberaterin tätigen können, wobei ich – sehr nutzer:innenfreundlich – lediglich die Schule und die Anzahl der Teilnehmer:innen (max. 95) angeben musste.

Wir an der Schule hatten das Angebot für die achte Klasse vorgesehen und bereits zum Jahresanfang die Schüler:innen angefragt bzw. eingeladen. Von insgesamt 27 haben sieben Jugendliche ihr Interesse rückgemeldet. Mit der Bestätigung meiner Buchung bei „DEIN ERSTER TAG“ erhielt ich dann auch noch weitere relevante Informationen sowie – ganz wichtig – den Zugangslink. Diesen sendete ich ca. eine Woche vor dem Durchführungstag an die Schüler:innen. Am Tag vor der Veranstaltung gab es zudem noch eine Quick Message via Lernsax.

Der Workshop dauerte ca. eine Stunde und begann, nachdem alles hinreichend zum Ablauf erklärt war, mit der Ermittlung der individuellen Stärken der Teilnehmenden mithilfe eines Fragebogens. Der verwendete Stärkentest ist insofern interessant, dass den Schüler:innen keine abstrakten Ergebnisse geliefert werden, sondern sie in der Auswertung als „Typen“ klassifiziert werden: Entdeckertyp, Zahlenjongleur:in, Machertyp etc. Diese Charakterisierungen sind, ebenso wie es im Rahmen der Auswertung der Potenzialanalyse Profil AC Sachsen vorgesehen ist, wertschätzend und auf die tatsächlichen Stärken fokussierend, angelegt. Vor allem können die Schüler:innen sich aber auf diese Weise, nämlich dass sie „Typen“ sind, gut mit den Ergebnissen identifizieren.

Die Auswertung der Stärkenermittlung stellte dann die Grundlage dafür dar, dass den Schüler:innen konkrete Berufsfelder vorgeschlagen wurden, welche zu ihren Potenzialen passen. Nun konnten die Teilnehmenden je zwei Ausbildungsberufe innerhalb der priorisierten Berufsfelder auswählen und sich Besichtigungsvideos anschauen. Auch ich habe im Zuge dessen die Möglichkeit genutzt, mir einen Betrieb anzuschauen. Zwar war die Qualität auf dem Bildschirm nicht die gleiche, wie sie die VR-Brillen liefern, allerdings handelte es sich auch hier um beeindruckende 360°-Videos. Besonders schön war, dass die Organisator:innen durch Umfragen, Abstimmungen und Chats ständig mit den Schüler:innen im Austausch blieben. So wurden die Teilnehmer:innen immer wieder aktiviert und durch interaktive Kniffe am Thema und den Videos gehalten.

Etwas ärgerlich für mich war, dass die Teilnehmer:innen nicht mit ihren Namen sichtbar waren, so dass ich keinen gesicherten Überblick hatte, wer tatsächlich das Angebot genutzt hat und mit wem ich dieses später auswerten kann. Ungeachtet dessen hatte ich im Vorhinein bereits ein Arbeitsblatt entworfen und allen Teilnehmenden per Lernsax zukommen lassen. Entsprechend bin ich sehr gespannt auf die Zeit nach Ostern, wenn ich versuchen werde, den Workshop zu reflektieren, was dann hoffentlich nicht virtuell, sondern wieder unmittelbar möglich ist.

Auf jeden Fall war der „Digitale Berufsorientierungsworkshop mit DEIN ERSTER TAG“ eine sehr spannende wie anregende Geschichte, die gern auch anderen Praxisberater:innen empfohlen werden kann.

Foto: BO-Modul „DEIN ERSTER TAG“ an der Sophienschule Colditz (Archiv)