Praxistage an der Oberschule Taucha

Alles fing damit an, dass wir nach den Sommerferien 2021 mit einem fünften Zug in Klassenstufe 8 überrascht wurden – ein Zug mehr als zuvor. Für Klassenstufe 8 ist es bei uns eigentlich verpflichtend, an den Werkstatttagen im Überbetrieblichen Ausbildungszentrum Bau Bildung Sachsen e.V. teilzunehmen, wofür die Schülerinnen und Schüler (SuS) zuvor eine Potenzialanalyse absolviert haben müssen und ausgerechnet dieses Mal lagen die Werkstatttage direkt nach den Ferien. Somit war eine Beteiligung der 8e an den Werkstatttagen unmöglich. Jedoch wollten wir allen SuS dieselben Chancen bieten, verschiedene Berufsfelder kennenzulernen, und überlegten uns notgedrungen eine Alternative.

Jetzt mussten alle kreativ sein: Meine Kollegin Manuela Merbach organisierte spontan, zusammen mit unserer BO-Lehrerin, eine alternative Erhebung der Stärken der SuS als Startpunkt der Projektarbeit und danach konnte es losgehen. Wir versuchten, so viele unterschiedliche Berufsfelder wie möglich zusammenzustellen und kontaktierten daraufhin unser Unternehmensnetzwerk. Zügig fanden sich vier Interessenten und über ein Netzwerktreffen der RKO Nordsachsen kam noch ein Fünfter hinzu.

In der letzten Woche vor den Schulferien hatten meine Kollegin und ich relativ freie Hand und so konnten unsere beiden Praxistage am 12. und 14. Juli 2022 planmäßig stattfinden. Vertreten waren das Europäische Bildungswerk für Beruf und Gesellschaft für das Berufsfeld Soziales und Pädagogik, die BMW Group – Werk Leipzig für Metall und Maschinenbau, die BWI GmbH für IT und Computer, das ÜAZ Bau Bildung Sachsen e.V. für Bau, Architektur und Vermessung und schließlich eleanto – die Talentmanufaktur für Gastronomie und Hotellerie. Die SuS der 8e konnten also in 5 Berufsfelder hineinschnuppern.

Das Besondere bei den 90-minütigen Workshops war, dass der Theorieteil, in dem die Unternehmen bzw. Schulen, sich selbst und ihre Ausbildungsmodalitäten und Berufe vorstellen konnten, nur 30 Minuten betragen durfte. Die restlichen 60 Minuten musste, das war unsere Teilnahmebedingung, den SuS etwas Handfestes zum praktischen Ausprobieren angeboten werden. Und das war neu – jetzt mussten auch die Workshop-Leitenden kreativ werden und sich etwas einfallen lassen. Aber wo ein Wille ist, ist schließlich auch ein Weg.    

Damit der Praxisteil nicht chaotisch verlief, teilten wir die Klasse in 2 Gruppen ein, die jeweils zeitgleich an zwei verschiedenen Workshops teilnahmen und danach wechselten. Jetzt waren wir Praxisberater:innen gespannt auf die Ideen unserer Workshopleiterinnen und -leiter und wurden sehr positiv überrascht:

Das Europäische Bildungswerk veranstaltete eine Sinnesschulung bei der jeweils 2 SuS durchs Schulhaus auf den Sportplatz im Hof gehen sollten. Der Clou: einer konnte nichts sehen und der andere durfte ihn nur rein verbal geleiten. Am Ziel angekommen, wurde getauscht und es ging zurück.

Die BMW Group brachte ein Übungsmodel zum Verbau von Sicherungen im Fahrzeug mit, bei dem, wenn alles richtig verkabelt wurde, Kontroll-LED aufleuchteten. Außerdem gab es zusätzlich die Möglichkeit, ein Modellauto zusammenzubauen.

Die BWI GmbH hatte einen Computer dabei, der zuerst auseinander und hinterher wieder zusammengebaut werden sollte. Dabei wurden die einzelnen Komponenten erklärt und am Ende wurde eine Funktionsprüfung durchgeführt. Zusätzlich konnten die SuS ein Netzwerkkabel herstellen, das sie dann behalten durften. 

Bau Bildung Sachsen brachte einen Metallbaukasten mit, bei dem die SuS ein komplexes Hammerwerk konstruieren konnten, welches das richtige Zusammenfügen von mechanischen und elektrischen Modulen erforderlich machte. Wer eher fertig war, durfte noch aus einer Art Legobausteinen aus Stein ein Haus bauen.  

Schließlich stellte eleanto, die den gesamten zweiten Tag füllten, das Berufsbild des Barkeepers/der Barkeeperin und des Kochs/der Köchin vor. Die SuS durften unter professioneller Anleitung alkoholfreie Cocktails mixen und in unserer Schulküche vegetarische Speisen zubereiten. Hinterher wurde alles gemeinsam verköstigt.

In der anschließenden Feedback-Runde mit der Klassenlehrerin der 8e wurde allen ein Teilnahmezertifikat ausgehändigt und gefragt, wie es den SuS gefallen hat. Das Ergebnis war durchweg positiv, wobei die Praxisteile besonders gut ankamen.

Was Frau Merbach und mich als initiierende Praxisberaterin und Praxisberater aber am meisten freute: Einerseits stieg das Interesse der SuS an Praktika sprunghaft an. Andererseits gaben etliche von ihnen an, Berufsbilder kennengelernt zu haben, in denen sie sich später eine Ausbildung vorstellen könnten.