„SCHULEN und UNTERNEHMEN werden PARTNER. Praxisnahe Berufsorientierung gemeinsam gestalten“ – Die Speed-Dating-Veranstaltungsreihe in Leipzig
Das Finden des richtigen Lebenspartners war das Motiv, vor dessen Hintergrund Rabbi Yaakov Deyo am Ende des letzten Jahrtausends seine unverheirateten Gemeindemitglieder um sich scharte, um ihnen einen Begegnungsraum zu bieten, in dem sie sich informationsgeleitet kennenlernen konnten und – im besten Falle – in eine verbindliche Partnerschaft eintreten sollten. Von Los Angeles ausgehend, hat die Idee des Speeddatings in kürzester Zeit seinen Siegeszug um die Welt angetreten. Die Grundidee ist einfach: Das Speeddating ist eine Form des sozialen Kennenlernens, bei der Menschen in kurzen, vordefinierten Zeitspannen, typischerweise 5-10 Minuten, mit verschiedenen Teilnehmerinnen bzw. Teilnehmern in Austausch treten, um potenzielle romantische oder soziale Interessen zu identifizieren. Aber nicht nur in der Liebe hat das Speeddating einen festen Platz in den Bemühungen der Partnersuche erlangt, auch in wirtschaftlichen Zusammenhängen und mithin in der beruflichen Orientierung weisen daran angelehnte Veranstaltungsformate mittlerweile eine herausragende Bedeutung auf.
SCHULEN und UNTERNEHMEN werden PARTNER – eine feste Adresse in der Leipziger BO-Landschaft
In Leipzig stellt die Speed-Dating-Veranstaltungsreihe „SCHULE und UNTERNEHMEN werden PARTNER“ seit 2015 einen festen Bestandteil des Aktionsportfolios von Seiten des Referats für Beschäftigungspolitik dar. In den zurückliegenden acht Jahren haben mehr als 160 Unternehmen und über 60 Schulen an entsprechenden Veranstaltungen teilgenommen. Allein zum Schuljahresbeginn 2023/24 fanden fünf Speeddatings statt, wovon eines am 19.10.2023 auch vom Projektbüro Praxisberater an Schulen besucht werden konnte. Gastgeber der Veranstaltung war die Nord Ost West Informationstechnik (NOW IT) GmbH, die sich als enger Kooperationspartner der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland bei der Entwicklung von IT-Lösungen vorstellte.
Ein Gewinn für alle Seiten
Sieben Unternehmen und acht Schulen waren dieses Mal der Einladung gefolgt und hatten sich im Vorhinein intensiv darüber Gedanken gemacht, was sie sich von einem schulischen bzw. unternehmerischen Partner in einer möglichen Kooperationsbeziehung wünschen würden. Um dies transparent zu machen, halfen standardisierte Formblättern, auf denen, entlang von Kategorien strukturiert, vorab Informationen zu Angeboten, Bedarfen, Wünschen und Vorstellungen der je eigenen Institution zusammengetragen und notiert wurden. In jeweils zehn Minuten Zeit-Slots hatten die Unternehmen und Schulen sodann die Möglichkeit, sich kennenzulernen, ihre Angaben zu vergleichen und Möglichkeiten der Zusammenarbeit zu diskutieren, bevor die Gesprächstische gewechselt wurden.
Die teilnehmenden Unternehmen waren gut gewählt, repräsentierten sie doch nicht nur zahlreiche Berufsfelder, sondern auch Betriebe und Einrichtungen, die sich sehr für die Anliegen der beruflichen Orientierung interessieren. Bei der Teilnahme an solchen Veranstaltungen liegt natürlich auch ein Eigennutz der Unternehmen zugrunde, verhält es sich doch so, dass diese zunehmend erkannt haben, dass sie, in Anbetracht eines sich noch weiter zuspitzenden Fachkräftemangels, aktiv auf die Schulen zugehen müssen. Aber es gibt, jenseits des Ringens um die besten Auszubildenden, auch ganz praktische und an den Lebenssituationen der Schülerinnen wie Schülern orientierte Motive. So sieht Marion Heller, Personalreferentin bei der Steinel Elektronik GmbH & Co.KG, einem global operierenden mittelständischen Unternehmen aus Leipzig, die Notwendigkeit, dass sich Betriebe im Bereich der beruflichen Orientierung fortan stärker engagieren müssen, moralisch auf der Hand liegend: „Viele Berufe sind heute so komplex, als dass die Anforderungen und Möglichkeiten sich nicht von selbst erschließen. Damit die Schülerinnen und Schüler irgendwie daran herangeführt werden und sie gewissermaßen Orientierung erlangen, stehen wir als Unternehmen auch in der Pflicht. Die Jugendlichen müssen das wirklich sehen und anfassen können, damit sie später gute berufliche Entscheidungen treffen können und nicht überrascht werden, wenn sie dann später in der Ausbildung sind.“
Die am Speeddating teilnehmenden Schulen rekrutierten sich sowohl aus dem Kreis Leipziger Gymnasien als auch aus Oberschulen. Drei der vier teilnehmenden Oberschulen wurden dabei durch ihre Praxisberaterinnen vertreten. Nele Scherf, Praxisberaterin an der Caroline-Neuber-Schule, schätzt die Speeddating-Veranstaltungen sehr: „Ich war schon in den letzten Jahren dabei und finde es immer wieder spannend und anregend. Was mich vor allem immer wieder hierherlockt, ist die Offenheit der Unternehmen für Projekte und ihr Interesse, unsere Arbeit an den Schulen zu unterstützen. Das ist großartig. Und darüber hinaus erfahre ich hier auch immer wieder eine große Wertschätzung für unsere Arbeit an den Schulen.“
Und die Praxisberatung?
Praxisberaterinnen und Praxisberater sind mittlerweile selbstverständliche Gäste bei der Speeddating-Veranstaltungsreihe „SCHULEN und UNTERNEHMEN werden PARTNER“ der Koordinierungsstelle für berufliche Orientierung. Sie gelten nicht nur als geschätzte Vertreterinnen bzw. Vertreter ihrer Einrichtungen, sondern als wertvolle Ressource. Bilal Yetişkin, der den Schwerpunkt Wirtschaft bei der RKO verantwortet, sieht bei ihnen die Expertise für die praktische Seite der beruflichen Orientierung liegend: „Praxisberaterinnen und Praxisberater wissen einfach, wo es lang geht, was die wichtigen Dinge sind, die es in diesem oder jenem Berufsfeld zu beachten gilt. Sie haben schlichtweg den Überblick, den es braucht, um nicht nur die Schülerinnen und Schüler zu konkreteren beruflichen Vorstellungen zu führen, sondern sie bringen auch ein Verständnis für die Unternehmen mit, das es in dem Feld braucht.“ Diese doppelte Funktion, Schülerinnen bzw. Schüler wie auch Unternehmen für die berufliche Orientierung zu sensibilisieren, sieht auch Marion Heller gut bei der Praxisberatung aufgehoben: „Die Praxisberaterinnen und Praxisberater sind die Fachkräfte, mit denen wir gut auf Augenhöhe sprechen können, die die unternehmerische Perspektive an die Schülerinnen und Schüler herantragen. Dies ist umso mehr bei kleineren Unternehmen wie unserem wichtig, die keine ganze Abteilung für das Recruiting und die Nachwuchsgewinnung unterhalten können. Andererseits bereiten sie aber auch uns auf die Schülerinnen und Schüler vor, die ja aus einer ganz anderen Lebenswelt kommen. Das finde ich nochmals besonders wichtig und dann lohnt es sich auch immer wieder und ganz intensiv mit Praxisberaterinnen und Praxisberatern in Austausch zu treten.“
Wenn die Idee des Speeddatings in seinem Ursprung darin lag, einen guten Partner bzw. eine gute Partnerin zu finden, mit der bzw. dem man gemeinsam in die Zukunft schreitet, dann gilt dies – übertragen – sicherlich auch für derartige Veranstaltungen im Feld der beruflichen Orientierung. Denn nichts ist wertvoller für eine Schule bzw. ein Unternehmen, mit verlässlichen Partnerinnen bzw. Partnern kontinuierlich und auf längere Sicht zu kooperieren. Gleichwohl erschöpft sich der Wert der Speeddating-Veranstaltungsreihe hierin nicht, denn – und hier übernehmen Praxisberaterinnen und Praxisberater eine Schlüsselrolle – die weitere Bedeutung liegt auch darin, die jeweils anderen, also Unternehmen und Schülerinnen wie Schüler, in ihren Situationen zu verstehen, füreinander zu sensibilisieren und bestenfalls zueinander zu führen.