Foto der Eingangstür der Schule mit dem Messebanner
Heike Herrmann & Maike Heidler
Schule Ratzelstraße - Oberschule der Stadt Leipzig
ASG - Anerkannte Schulgesellschaft Sachsen mbH, Niederlassung Leipzig

Berufsorientierungsmesse an der Oberschule Ratzelstraße der Stadt Leipzig

Am 7. September 2023 fand zum zweiten Mal die Berufsorientierungsmesse der Oberschule Ratzelstraße in Leipzig Grünau statt. Die Schule ist noch relativ jung und mit einem hochengagierten Team an jungen Lehrerinnen und Lehrern versehen. Nicht zuletzt darum steht auch die Berufsorientierung weit oben auf der Agenda der Einrichtung, so dass sich hier viele Ideen der beiden Praxisberaterinnen, Maike Heidler und Heike Herrmann, realisieren lassen. Die Entwicklung und Verstetigung der schuleigenen Berufsorientierungsmesse ist ihnen ein wichtiges Anliegen, womit sie sich ganz im Selbstverständnis der Schule bewegen, die in einer solchen Veranstaltung eine große Bedeutung für die Entwicklung der Berufswahlkompetenz ihrer Schülerinnen und Schüler sehen, aber sie auch als einen wichtigen Baustein für die Entwicklung des schuleigenen Profils betrachten. Das Projektbüro hat die Chance genutzt, die Messe zu besuchen und mit den beiden Praxisberaterinnen im Nachhinein über diese zu sprechen.

PBL: Hallo. Und, wie geht’s?

Maike: Ziemlich geschafft, aber auch glücklich. War natürlich wieder mal viel Arbeit, aber alle waren zufrieden, soweit ich das einschätzen kann.

Heike: Auf jeden Fall! Ich habe gerade noch mit zwei Schülern gesprochen, die mit einem Betrieb jeweils ein Praktikum ausgemacht haben, das war als Kurzfeedback schon mal ganz gut.

PBL: Ja, die Unternehmensvertreter sahen auch zufrieden aus und hatten sich am Schluss, wenn ich es richtig gesehen hatte, alle ganz überschwänglich bei Dir bedankt, Maike.

Maike: Ja, die Unternehmer haben auch tolle Arbeit geleistet und so viele praktische Umsetzungsideen mitgebracht, um den Schülerinnen und Schülern Einblicke in ihre Berufe zu liefern – wirklich klasse.

PBL: Wie viele Unternehmen waren denn insgesamt da und wie habt ihr die denn alle herbekommen?

Maike: Wir hatten insgesamt 24 Aussteller dabei, 22 Unternehmen, eine Berufsschule und einen Freiwilligendienst. Um die hierher zu bekommen, da geht ein ganz großer Dank an Heike, die unermüdlich über Monate hinweg Listen erstellt und rumtelefoniert hat. Aber man muss auch sagen, dass bei den Unternehmen grundsätzlich auch ein großes Interesse besteht, hierher zu kommen und sich beim potenziellen Nachwuchs zu präsentieren. Da merkt man auf jeden Fall eine große Offenheit, hier mitzuwirken, aber auch einen Druck bei den Unternehmen, sich schon früh beim Nachwuchs bekannt zu machen. Manchmal kriegt man natürlich auch Absagen, das ist dann so. Besonders schade ist das dann, wenn die Leute einem erzählen, sie würden gern, aber sie haben einfach nicht die personellen Ressourcen, dass sie ein oder zwei Leute abstellen können. In solchen Fällen kucken wir dann, dass wir später mal eine Betriebserkundung dorthin machen oder Schülerinnen bzw. Schülern ein Praktikum bei diesen Unternehmen empfehlen. Was sicher auch noch mal eine Herausforderung darstellte, ist unser Anspruch. Denn wir wählen die Unternehmen ja nicht nach Zufall aus. Wir kucken wirklich ganz genau drauf, wer gerade passt, was die Interessen unserer Schülerinnen und Schüler sind und dass wir auch die große Bandbreite an Berufsfelder abdecken.

PBL: Ich bin ja erst etwas später gekommen. Könnt ihr noch mal ein paar Erklärungen zu eurer konzeptionellen Umsetzung machen?

Maike: Ja, klar. Heute ist der Messetag, was bedeutet, dass die fünften und sechsten Klassen auf Wandertag sind. So haben wir das ganze Schulgebäude und auch Schulgelände für unsere Messe zur Verfügung. Die Klassenräume sind die Veranstaltungsorte, aber es gibt auch Veranstaltungen, die draußen stattfinden. Alle Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen sieben bis zehn mussten sich im Vorhinein für heute über unser Portal EduPage anmelden und sich für insgesamt vier sessions eintragen. Die sessions dauern immer 45 Minuten und werden von den Unternehmen gestaltet. Nach dem Durchlauf wechseln die Kinder zum nächsten Betrieb, wo sie sich eingetragen haben. Bis zum Ende der Messe haben die Schülerinnen und Schüler dann alle jeweils vier Stationen besucht. Die meisten Firmen sind wirklich wahnsinnig kreativ gewesen. So ist hier ein Bauunternehmen mit einem Bagger angekommen – klasse Idee, um wirklich praxisnah ihr Berufsfeld zu vermitteln. Bei anderen ist das natürlich etwas schwieriger, denn ein Bäcker kann ja hier nicht seine Backstube aufbauen. Aber auch die haben das wirklich gut gemacht.

 Heike: Wir greifen den Unternehmen da aber auch unter die Arme. Wenn wir sie für unsere Messe gewinnen konnten, gehen wir mit ihnen immer noch mal in Austausch, so sie es wollen, um gemeinsam Ideen zu entwickeln, wie sie sich möglichst praxisnah vorstellen können. Die haben da meistens auch schon von sich aus gute Ansätze, die wir dann gemeinsam verfeinern.

PBL: Das hört sich nach einem riesigen Aufwand an. Stemmt ihr das allein?

Maike: Nein, also wir haben hier mit Philipp [Weiselowski] einen ganz engagierten Beratungslehrer, der auch für die BO mitverantwortlich ist. Mit dem haben wir das alles durchgeplant und organisiert, sonst hätten wir ja auch die 9ten und 10ten Klassen nicht mit einbinden können. Darüber hinaus gibt es hier eine sogenannte Wolkengruppe aus fünf bis sechs weiteren Lehrkräften. Die haben dann punktuell bei der Vorbereitung mitgewirkt, wie z.B. Plakate gestaltet, und vor allem heute am Tag ganz viel abgesichert, wie Technikcheck, die Aussteller unterstützt sowie die Schülerinnen und Schüler beaufsichtigt. Das ist schon klasse, wenn da alle an einem Strang ziehen.

PBL: Wo seht ihr denn den Vorteil für eine solche BO-Messe unmittelbar an der Schule, da es doch hier in Leipzig auch viele andere Messen gibt?

Maike: Wir gehen auch auf die großen Messen, unbedingt, die sind gut. Aber hier haben wir den Vorteil, dass wir alles in unseren Händen haben, von den Terminen her, wie wir die Schülerinnen und Schüler einstimmen, welche Firmen kommen und wie sie sich darstellen. Das ist Gold wert. Wir haben auch beobachtet, dass die Schülerinnen hier mehr bei der Sache sind. Sie hetzen nicht von Stand zu Stand und begeben sich auf Kugelschreiberjagd. Sie sind für 45 Minuten bei dem jeweiligen Unternehmen und die Betriebe haben sie auch für die dreiviertel Stunde bei sich. Da haben beide was davon.

Heike: Was auch bemerkenswert ist, ist die Tatsache, dass die Teilnehmenden sich hier mehr trauen, nachzufragen – welche Kompetenzen sind wichtig in dem Beruf, was muss ich an Noten mitbringen und auch, für die meisten nicht unwichtig, was verdiene ich in der Ausbildung. So zu fragen, das lernen Schülerinnen und Schüler hier und wenn sie dann später auf die großen Messen gehen, trauen sie sich dann auch eher mal, die Aussteller auszuquetschen.

Maike: Genau. Und dann sind uns auch noch zwei andere Dinge wichtig. Wir schaffen hier einen Raum, in dem wir Unternehmen aus der unmittelbaren Umgebung eine Plattform bieten, die sie nichts kostet, außer Zeit. Und zum anderen ist so eine Messe auch immer gut für die Netzwerkarbeit. In den Nebengesprächen kriegt man dann immer auch mit, was gerade bei den Unternehmen so los ist, mit welchen Schwierigkeiten sie sich herumschlagen müssen und so weiter. Das ist wertvolles Wissen, das wir auch in unsere Berufsorientierungsarbeit miteinbringen können. Zudem ergeben sich in den Gesprächen immer wieder neue Anknüpfungspunkte für gemeinsame Aktivitäten, Betriebserkundungen, Praktika, Workshops und so weiter. Unterm Strich: Für uns ist es wichtig, beides zu machen, sowohl auf die großen Messen zu gehen als auch hier bei uns diese kleine zu gestalten.

PBL: Was plant ihr denn für das kommende Jahr?

Heike: Es lief ja auch dieses Jahr wieder ganz Vieles richtig gut, das können wir im nächsten Jahr sicher erneut aufgreifen. Meine Vorstellung wäre es aber noch, die Eltern stärker zu berücksichtigen. Das heißt zum einen, dass wir im nächsten Jahr die Eltern befragen werden, welche Unternehmen oder Berufssparten sie sich noch, nicht für sich, sondern natürlich für ihre Kinder wünschen. Das, so denke ich, ist ein guter Ansatz, um das Thema BO noch stärker in die Elternhäuser zu tragen. Außerdem hoffen wir, die Eltern damit auch an die Schule zu holen. Ob sie ihre Kinder dann im kommenden Jahr auf die Messe begleiten oder wir im Nachhinein eine Betriebe-Schau für die Mütter, Väter, Geschwister usw. machen. Aber da müssen wir schauen, denn da gibt es sicher noch Kapazitätsfragen zu klären, aber auch nochmal an das Konzept ranzugehen. Denn jetzt starten wir morgens und sind am frühen Nachmittag fertig, was für berufstätige Eltern schwer zu realisieren sein dürfte. Vielleicht schieben wir die Messe zukünftig in den Nachmittag, ggf. unmittelbar vor einen Elternabend oder so. Aber auf jeden Fall wäre mir oder uns die stärkere Einbindung der Eltern ganz, ganz wichtig.

Maike: Wir haben auch schon ein bisschen darüber diskutiert, wie wir die Schülerinnen und Schüler zukünftig stärker in die Planung und Ausgestaltung einbinden können. Da haben wir auch schon ein paar Ideen zusammengetragen, von denen wir in der Zukunft sicher einige umsetzen werden. Na und dann müssen wir natürlich schauen, was unsere verteilten Feedbackbögen noch so für Hinweise geben, was wir zukünftig besser machen können. Auf jeden Fall wollen wir aber nicht in die Größe wachsen, sondern klein und fein bleiben, was nicht wenig ist, und für unsere Schülerinnen und Schüler jedes Jahr eine ganz individuelle Messe auf die Beine stellen.

PBL: Ich danke Euch sehr für das Interview.

Heike: Sehr gerne.

Maike: Gerne.

 

Das Interview führte Marek Naumann.